World Café ©AG Globale Verantwortung

In Österreich werden immer mehr entwicklungspolitische Nichtregierungsorganisationen (NROs) sozialunternehmerisch tätig. So auch Mitgliedsorganisationen der AG Globale Verantwortung, die ihre lokalen Partnerorganisationen dabei unterstützen, Sozialunternehmen zu gründen und zu führen. Einige dieser Partnerorganisationen wenden auch innovative unternehmerische Lösungen an, um drängenden sozialen und gesellschaftlichen Herausforderungen in Ländern des Globalen Südens zu begegnen.

Vertreter*innen von Impact Hub, des students‘ innovation centre [sic!] der BOKU, Universität Wien, Social Impact Award, Ashoka, Social Entrepreneurship Network Austria, des Referats Wirtschaft & Entwicklung der Austrian Development Agency (ADA) sowie von Mitgliedsorganisationen der AG Globale Verantwortung tauschten am 23.09.2022 Erfahrungen aus und diskutierten gemeinsam Erfolgsfaktoren von Sozialunternehmen in Ländern des Globalen Südens.

Zusammenarbeit von NROs und Sozialunternehmen

Das primäre Ziel eines Sozialunternehmens ist die positive gesellschaftliche Wirkung. Es schüttet nur begrenzt Gewinne aus und bezieht Mitarbeiter*innen und Benefizient*innen in Entscheidungen mit ein. Peter Vandor, Leiter des Social Entrepreneurship Centers der WU Wien, berichtete beim Austausch, dass es mehr Sozialunternehmen in Staaten mit höherer Staatsquote, höherem Bruttonationalprodukt und stabilen rechtlichen Rahmenbedingungen gebe.

Außerdem zeigte er mögliche Formen sozialunternehmerischer Ansätze für entwicklungspolitische NROs auf: 

  • NROs gründen eigene sozialunternehmerische Initiativen, z.B. magdas Hotel sowie Bäckereien der Caritas Österreich oder Initiativen von CONCORDIA Sozialprojekte.
  • NROs schaffen Strukturen für Innovation und Unternehmer*innentum in der eigenen Organisation, z.B. fördert das REDpreneur-Programm des Österreichischen Roten Kreuzes lokale Partnerorganisationen bei der Gründung von Sozialunternehmen.
  • NROs arbeiten mit Sozialunternehmen zusammenarbeiten, z.B. SOS-Kinderdorf Österreich mit Plasticpreneur, die Plastik-Recycling-Maschinen zur Verfügung stellen.
  • Sozialunternehmer*innentum in den Zielländern unterstützen, z.B. Social Impact Award oder Ashoka Visionary Program in Ostafrika.

Die Caritas gründete das Sozialunternehmen magdas mit der Vision Langzeitarbeitslose, Menschen mit Behinderungen und Migrant*innen in den Arbeitsmarkt zu (re-)integrieren. Gabriela Sonnleitner, Geschäftsführerin von magdas, erzählte, dass die ersten drei Jahre die schwierigsten gewesen seien, aber Hotel, Catering-, Recycling- und Reinigungsbetrieb mittlerweile schwarze Zahlen schreiben. Eine Herausforderung sei jedenfalls, dass das Unternehmen mit dem konventionellen Markt mithalten und gleiche Preise sowie Standards bieten müsse. Gabriela Sonnleiter empfahl, immer wieder den eigenen Business-Case zu evaluieren: Dadurch werde sichtbar, welche Bereiche effizienter gestaltet werden könnten, ohne dabei den Geschäftszweck aus den Augen zu verlieren.

Georg Schön, Geschäftsführer von Ashoka Österreich, berichtete über das Leadership-Program seiner Organisation, neue Ansätze in der Entwicklungszusammenarbeit und wie große internationale NROs etwa als Skalierungspartner für Sozialunternehmen fungieren könnten.

Erfolgsfaktoren

Abschlussrunde ©AG Globale Verantwortung

Teil des Austausches war auch ein World-Café, bei dem Vertreter*innen der Social-Business-Szene und die Mitgliedsorganisationen der AG Globale Verantwortung die Gelegenheit nutzten, Erfolgsfaktoren für Sozialunternehmer*innentum zu diskutieren.

So sollten Sozialunternehmer*innen offen, ausgeglichen, kritikfähig sowie nah am Problem und an der Zielgruppe sein. Außerdem würden sie betriebswirtschaftliches Wissen und Leadership-Skills benötigen, und sollten in der Lage sein, Entscheidungen treffen zu können. Mitarbeiter*innen von NROs könnten entsprechend ausgebildet werden, und auch Universitäten und sozialunternehmerische Netzwerke könnten bei der Suche nach geeigneten Sozialunternehmer*innen behilflich sein. Um diese Fachkräfte dann in der Organisation zu halten, brauche es eine engagierte Geschäftsführung, die Freiräume, Autonomie und eine entsprechende Entlohnung ermögliche. Zu einem betrieblichen Umfeld, das Social Innovation unterstütze, zähle aber auch ein diverses Team und Mitarbeiter*innen aus den begünstigten Communities. Eine NRO könne sich auch darüber Gedanken machen, ob es die Möglichkeit für sogenannte Spin-offs innerhalb der Organisation schaffen, also einzelne Geschäftsbereiche aus der Mutterorganisation ausgliedern will.

NROs oder Unternehmen sollten jedenfalls Benefizient*innen bereits in die Konzeption eines sozialunternehmerischen Projekts miteinbeziehen (Human-Centered-Design) und dabei auf drei bis vier Probleme fokussieren, die gelöst werden sollen. Wichtig sei es, Raum und Zeit für Reflektion und Social Innovation zu schaffen, sodass Initiativen entstehen können. Anhand qualitativer und quantitativer Methoden könnten NROs bzw. Unternehmen die soziale wie auch wirtschaftliche Wirkung ihres sozialunternehmerischen Handelns messen; häufig allerdings erst nach mehreren Jahren Unternehmenslaufzeit.

Bei der Finanzierung sozialunternehmerischer Projekte seien die Logiken von Fördergeber*innen, NROs und Unternehmen in Einklang zu bringen. Zur Finanzierung sozialunternehmerischer Ansätze könnten NROs Mittel von öffentlichen Fördergeber*innen, geförderten Krediten (wie etwa von Entwicklungsbanken), Spenden, Stiftungen, Unternehmenspartner*innen oder über Crowd-Funding beziehen.

(ke)