Arbeitsgemeinschaft für Entwicklung und Humanitäre Hilfe
Bericht
Die Bertelsmann Stiftung hat kürzlich die siebte Edition des Sustainable Development Report – From Crisis to Sustainable Development: the SDGs as Roadmap to 2030 and Beyond inklusive SDG-Länderranking veröffentlicht. Der Bericht gibt einen Überblick, wie die Länder hinsichtlich der Umsetzung der Agenda 2030 und ihrer 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs) abschneiden. Zum zweiten Mal in Folge sank der Weltdurchschnitt des SDG-Index. Das heißt, dass es insgesamt keinen Fortschritt bei der Umsetzung der Agenda 2030 gab.
Der seit 2015 veröffentlichte SDG-Report liefert aktuelle Daten, um die Fortschritte aller UN-Mitgliedsstaaten zu verfolgen und zu bewerten. Der Bericht wird von unabhängigen Expert*innen des Netzwerkes Sustainable Development Solution Network (SDSN) verfasst, von der Cambridge University Press veröffentlicht und von der Bertelsmann Stiftung mitfinanziert.
Die derzeit gleichzeitig auftretenden, sich gegenseitig verstärkenden multiplen Krisen – etwa Konflikte und Kriege, Klimakrise, Gesundheitskrisen wie die COVID-19-Pandemie sowie steigende Armut sind ein großer Rückschlag für die nachhaltige Entwicklung weltweit. Dass der Weltdurchschnitt des SDG-Index das zweite Jahr in Folge leicht gesunken ist, ist vor allem auf die Auswirkungen der Pandemie auf SDG 1 (keine Armut), auf SDG 8 (menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum) sowie auf die mangelhaften Ergebnisse bei SDG 11 bis 15 (Nachhaltige Städte und Gemeinden, nachhaltige/r Konsum und Produktion, Maßnahmen zum Klimaschutz, Leben unter Wasser, Leben an Land) zurückzuführen. Neben den massiven humanitären Kosten haben militärische Konflikte – wie der Krieg gegen die Ukraine – erhebliche internationale Auswirkungen auf die Ernährungssicherheit und die Energiepreise, die durch die Klima- und Biodiversitätskrisen noch verstärkt werden. Außerdem erschweren multiple Krisen langfristiges Planen und nachhaltige Investitionen. Daher ist eine intensive internationale Zusammenarbeit gefragt, um die SDGs noch erreichen zu können.
Österreich ist im Ländervergleich mit 82,3 von 100 Punkten auf Platz 5. Im vergangenen Jahr erreichte Österreich 82,1 Punkte und war damit auf Platz 6. Der Score hat sich also nur minimal verbessert. Insgesamt schneidet Österreich bei der Erreichung folgender SDGs schlecht ab:
Vor allem der Befund, dass Österreich bei Ziel 17 schlecht abschneidet, ist auffällig. Die AG Globale Verantwortung fordert schon lange von der Bundesregierung, das international vereinbarte Ziel, 0,7% des Bruttonationaleinkommens für öffentliche Entwicklungshilfeleistungen zur Verfügung zu stellen, einzuhalten. Denn Österreich hat im Jahr 2021 gerade einmal 0,31% aufgewendet. Das ist im Vergleich mit anderen Ländern in der EU sehr gering. Um die Entwicklungsziele zu erreichen, ist es unabdingbar, dass Österreich seine Finanzmittel erhöht und globale Partnerschaften stärkt.
Zum zweiten Mal wurde neben dem SDG-Ranking der Spillover-Index gemessen. Dieser zeigt, wie reiche Länder negative sozioökonomische und ökologische Spillover-Effekte verursachen, die wiederum die Fähigkeit anderer Länder, die SDGs zu erreichen, untergraben. Spillover-Effekte entstehen vor allem durch übermäßigen Konsum im Globalen Norden sowie ausbeuterische Produktionsmuster und nicht-nachhaltige Handels- und Lieferketten.
Tendenziell haben Länder mit einem höheren Einkommen die größten negativen Spillover-Effekte. Das heißt, sie behindern andere Länder bei der Erreichung der SDGs. Sustainable Development Report 2022
Tendenziell haben Länder mit einem höheren Einkommen die größten negativen Spillover-Effekte. Das heißt, sie behindern andere Länder bei der Erreichung der SDGs.
Die folgenden vier Kategorien von Spillover-Effekten erschweren das Erreichen der SDGs, wie in den Klammern ausgeführt, auf unterschiedliche Weise:
Je höher die Punktezahl beim Spillover-Score ist, desto größer sind die negativen Auswirkungen auf andere Länder. So belegt beispielsweise Somalia mit einem Score von 99,97 den ersten Platz (nahezu keine Auswirkungen) und Singapur mit einem Score von 33,03 den letzten Platz (sehr hohe Auswirkungen auf andere Länder). Zu beachten ist jedoch, dass es bei einigen Ländern Ozeaniens oder Afrikas keine Daten gibt.
Auf EU-Ebene werden derzeit verschiedene Instrumente und Rechtsvorschriften erörtert, um internationale Spillover-Effekte im Zusammenhang mit dem europäischen Green New Deal anzugehen. Schweden hat als erstes Land seine Absicht, ein nationales Ziel zur Senkung der importierten CO2-Emissionen festzulegen, bekanntgegeben. Es gibt dazu vier Vorschläge, wie negative Spillover-Effekte eingedämmt werden können:
Während Österreichs SDG-Index vergleichsweise gut ist, schneidet Österreich im Spillover-Ranking sehr schlecht ab: Mit einem Wert von 59,40 (von 100) liegt Österreich auf Platz 151 von 163 und befindet sich somit auf den letzten Rängen. Im Vergleich zum vergangenen Jahr konnte sich Österreich lediglich minimal verbessern (Platz 154 mit einem Score von 59,5). Zurückzuführen ist das schlechte Abschneiden unter anderem auf einen übermäßigen, nicht-nachhaltigen Lebensstil und Konsumverhalten und den zugrundeliegenden Produktionsmustern. Die daraus folgenden sozialen und ökologischen Kosten werden oftmals in Ländern des Globalen Südens ausgelagert. Einige Beispiele, die zum Spillover-Score von Österreich beitragen, sind unter anderem:
Im Bereich ökologischer und sozialer Auswirkungen des Handels
Im Bereich Wirtschaft und Finanzen
Seit der Verabschiedung der Agenda 2030 im Jahr 2015 sind bereits 7 Jahre vergangen. Bis 2030 sollen die Ziele erreicht werden, das bedeutet, es sind nur noch 8 Jahre Zeit. Zur Halbzeit der Agenda 2030 gibt es große Unterschiede in den politischen Bemühungen und Verpflichtungen für die SDGs. Unter den G20-Mitgliedsstaaten zeigen die Vereinigten Staaten, Brasilien und die Russische Föderation die geringste Unterstützung für die Agenda 2030 und die SDGs. Im Gegensatz dazu zeigen die nordischen Länder vergleichsweise hohe Anstrengungen für die SDGs, ebenso wie Argentinien, Deutschland, Japan und Mexiko.
Der Bericht empfiehlt folgendes: Die Fortschritte bei den SDGs müssen wieder hergestellt und beschleunigt werden, die Pandemie muss beendet werden und ein Ende des Krieges gegen die Ukraine, sowie andere, in Vergessenheit geratene Kriege und Konflikte müssen ausgehandelt werden. Für all diese Herausforderungen ist ein globaler Plan zur Finanzierung unabdingbar. Der vorgeschlagene 5-Punkte-Plan unterstreicht die Schlüsselrolle der G20-Staaten, des Internationalen Währungsfonds sowie der multilateralen Entwicklungsbanken bei der Ausweitung der SDG-Finanzierung auf globaler Ebene.
Während der COVID-19-Pandemie sind neue Partnerschaften und Innovationen, beispielsweise im Bereich wissenschaftliche Zusammenarbeit und Daten, entstanden, die bei der Umsetzung der Agenda 2030 helfen können. Wissenschaft, technologische Innovationen und Informationssysteme können in Krisenzeiten helfen, Lösungen zu finden, und sie können entscheidende Beiträge zur Bewältigung der großen Herausforderungen unserer Zeit leisten. Hierfür muss verstärkt und langfristig in Forschung und Entwicklung sowie in Bildung investiert werden.
(PK)