Arbeitsgemeinschaft für Entwicklung und Humanitäre Hilfe
Presseaussendung
Die aufgestellte Waage am Minoritenplatz gleich neben dem Bundeskanzleramt kippt beinahe: So wenig wiegt die Summe, die Österreich für die Humanitäre Hilfe ausgibt: 23 Millionen Euro im Jahr 2018, wohingegen die Ausgaben der Bundesregierung im selben Jahr für Werbung das Doppelte (45 Millionen Euro), für Parteienfinanzierung beinahe das Dreifache (62 Millionen Euro) betragen. Ein Eurofighter kostet hingegen fast das Achtfache (172 Millionen Euro).
Heute am Welttag der Humanitären Hilfe ziehen Österreichs Hilfsorganisationen Bilanz: Österreich hat im Jahr 2018 nicht nur im Vergleich zu anderen öffentlichen Ausgaben wenig Mittel für Humanitäre Hilfe zur Verfügung gestellt. Auch der Vergleich mit anderen europäischen Ländern zeigt, dass Österreichs Humanitäre Hilfe nur einen Bruchteil der Mittel vergleichbarer Länder ausmacht. Österreich gibt pro Kopf weniger als drei Euro für Humanitäre Hilfe aus, Deutschland 25,2 Euro oder Dänemark 52,4 Euro. Die Geschäftsführerinnen von AG Globale Verantwortung und CARE Österreich, sowie die LeiterInnen der Humanitären Hilfe und Internationalen Zusammenarbeit von Caritas Österreich und dem Österreichischen Rotes Kreuz sind sich einig: Es ist an der Zeit, die derzeitige dramatische Schieflage der österreichischen Soforthilfe vor Ort zu korrigieren. Angesichts von 142 Millionen Menschen in Not ist das dringend erforderlich.
„Österreich hat 2018 als eines der reichsten Länder der Welt weniger Mittel zur Verfügung gestellt als die Bundesregierung für Werbung und Parteienfinanzierung. Auch ein Eurofighter kostet ein Vielfaches. Was sagt dieser Vergleich über die Prioritätensetzung einer Regierung aus?“ kommentiert Annelies Vilim, Geschäftsführerin der AG Globale Verantwortung, Dachverband von 35 humanitären und entwicklungspolitischen Organisationen, und fügt hinzu: „Verantwortung übernehmen sieht anders aus. Eine Kursänderung ist nötig. Die nächste Regierung ist dringend gefordert, die Humanitäre Hilfe zu erhöhen, angesichts der Millionen Menschen, die so schnell wie möglich Hilfe benötigen. Ein erster Schritt dazu ist, den Auslandskatastrophenfonds (AKF) im Regierungsprogramm auf 60 Millionen Euro zu erhöhen.“
„Wir sehen eine deutliche Zunahme von Naturkatastrophen und chronischen Krisen wie etwa Syrien oder Jemen. Stellt man die Humanitäre Hilfe Österreichs von 2018 den Ausgaben gegenüber, die andere vergleichbare Länder für die Rettung von Menschenleben ausgeben, ergibt das eine düstere Bilanz. 2018 hat die österreichische Regierung lediglich 23 Millionen Euro für Humanitäre Hilfe zur Verfügung gestellt. Die Schweiz hat 293 Millionen Euro für weltweite Nothilfe bereitgestellt, Dänemark 304 Millionen Euro und Deutschland sogar über 2 Milliarden Euro“, betont Andrea Barschdorf-Hager, Geschäftsführerin von CARE Österreich, „Österreich könnte bereits mit einer zusätzlichen Million Euro weitere 10.000 Menschen mit Essen versorgen, um sie vor dem Verhungern zu retten. Humanitäre Hilfe rettet Leben – so einfach ist es.“
„Wir dürfen nicht vergessen, dass auf dieser Welt 142 Millionen Menschen auf Humanitäre Hilfe angewiesen sind! Das sind Menschen, die vor dem Krieg in Syrien innerhalb des Landes oder in die Nachbarstaaten geflohen sind. Das sind aber auch Menschen, die durch Zyklon Idai in Mosambik ihre Lebensgrundlage verloren haben. Und wir dürfen nicht vergessen, dass diejenigen, die den Klimawandel am wenigsten verursacht haben am meisten darunter leiden“, so Sabine Wartha, Leiterin der Humanitären Hilfe, Caritas Österreich. „In Caritas-Hilfsprojekten sehen wir, dass bereits mit kleinen Beträgen Großes bewirkt werden kann: Schon 10 Euro reichen, um ein Kind in den betroffenen Ländern Afrikas, wie in der Demokratischen Republik Kongo, für einen Monat zu ernähren. Deshalb macht es einen großen Unterschied, ob Österreich 20 oder 60 Millionen Euro für Humanitäre Hilfe ausgibt.“
„Es gibt nur eines, das besser ist als nach Katastrophen zu helfen: sie zu verhindern. Daher brauchen wir nicht nur mehr Mittel für die Katastrophenhilfe, sondern auch Mittel für Vorsorgemaßnahmen“, sagt Walter Hajek, Leiter der Internationalen Zusammenarbeit beim Österreichischen Roten Kreuz. „Wir wissen, dass aufgrund des Klimawandels wetterbedingte Katastrophen häufiger auftreten. Durch Vorsorgemaßnahmen – wie Hangverbauungen, Evakuierungspläne oder Frühwarnsysteme – können wir die Auswirkungen solcher Phänomene reduzieren. Sinnvoll wäre daher ein Fonds, aus dem Projekte zur Katastrophenvorsorge finanziert werden, analog zum Auslandskatastrophenfonds. Das ist nicht nur aus humanitärer Sicht wichtig, sondern auch ökonomisch sinnvoll. Hilfsmaßnahmen kosten nämlich das vier- bis achtfache von Prävention.“