Arbeitsgemeinschaft für Entwicklung und Humanitäre Hilfe
Kommentar der Geschäftsführerin
Europa und Österreich sind aufgerufen, menschliche Sicherheit in all ihren Dimensionen zu gewährleisten – gerade in Zeiten multipler Krisen
Während weiter Menschen im grausamen Krieg gegen die Ukraine getötet, Millionen vertrieben, Menschenrechte mit Füßen getreten werden, rüstet Europa Verteidigungs- und Heeresbudgets massiv auf. Auch Österreichs Regierung diskutiert über massive Erhöhungen des Verteidigungsbudgets.
Die Diskussionen um Aufrüstung sind jedoch einseitig. Sie beziehen sich auf traditionelle Sicherheitskonzepte, die den Schutz des Staates in den Mittelpunkt stellen. Das zentrale Element der menschlichen Sicherheit fehlt dabei jedoch. Dieser von den Vereinten Nationen geprägte erweiterte Sicherheitsbegriff stellt den Schutz des Individuums und seiner Menschenwürde sowie eine nachhaltige menschliche Entwicklung in den Mittelpunkt. Menschliche Sicherheit umfasst wirtschaftliche Sicherheit, Ernährungssicherheit, gesundheitliche Sicherheit, Umweltsicherheit, persönliche Sicherheit, gesellschaftliche Sicherheit und politische Sicherheit.
Wie wichtig es wäre, diese Dimensionen zu beachten, zeigen letztlich auch die Dominoeffekte des Krieges gegen die Ukraine: Nicht nur Energiepreise, auch Lebensmittelpreise, beispielsweise für Brot, werden aufgrund des Entfalls der Weizenproduktion in der Ukraine, explodieren. Das wird vor allem für Menschen in afrikanischen Ländern zu Hungersnöten führen, in denen bereits die Klimakrise für massive Ernteausfälle sorgt. Dies könnte wiederum fragile Staaten weiter unter Druck bringen, zumal viele von ihnen die wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie noch längst nicht überwunden haben.
Diese multiplen Krisen – Kriege, COVID-19, Klimakrise und Armut – verstärken sich oft gegenseitig und prägen bereits vielfach den Alltag von Millionen von Menschen, vor allem in Ländern des Globalen Südens. Traditionelle Sicherheitskonzepte werden zur Bewältigung multipler Krisen und Sicherung von Stabilität nicht reichen. Es gilt, menschliche Sicherheit in all ihren Dimensionen zu beachten und zu gewährleisten. Letztlich werden auch wir nur in Frieden und Sicherheit leben können, wenn alle Menschen in menschlicher Sicherheit leben können. Oder anders formuliert: wir sind erst sicher, wenn alle sicher sind. Nur das ist ein Garant für Stabilität.
Annelies Vilim, Geschäftsführerin der AG Globale Verantwortung