Arbeitsgemeinschaft für Entwicklung und Humanitäre Hilfe
Beitrag
Teil 1 der Beitragsserie zu Financing for Development: Vom 30. Juni bis zum 3. Juli 2025 findet die 4. Internationale Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung (Financing for Development, FfD4) in Sevilla, Spanien, statt. Warum diese ausschlaggebend für die globale Entwicklungsfinanzierung ist, stellen wir im ersten Beitrag dieser Serie vor.
Die Financing for Development (FfD)-Konferenzen der UN sind eine Reihe bedeutender internationaler Foren, die sich mit den finanziellen und strukturellen Herausforderungen zur Förderung nachhaltiger Entwicklung auf globaler Ebene befassen. Diese Konferenzen, die Vertreter*innen von Regierungen, multilateralen Organisationen, der Zivilgesellschaft und den Privatsektor zusammenbringen, dienen der Diskussion und Koordinierung von Maßnahmen zur Förderung einer effektiven Finanz- und Wirtschaftspolitik.
Die erste dieser Konferenzen fand im Jahr 2002 in Monterrey, Mexiko, statt und führte zur Verabschiedung des Monterrey-Konsenses. Dieser umfasste sechs zentrale Bereiche der Entwicklungsfinanzierung: inländische Finanzressourcen, ausländische Direktinvestitionen und private Finanzströme, internationaler Handel, internationale Finanzkooperation, die Schuldenproblematik sowie systemische Fragen der globalen Wirtschaftsordnung.
Der Konsens stellte einen Meilenstein für die internationale Entwicklungsfinanzierung dar und bildete die Grundlage für nachfolgende Konferenzen, die in Doha (2008) und Addis Abeba (2015) abgehalten wurden. Diese Treffen stärkten das globale Engagement, eine gerechte und wirksame Entwicklungsfinanzierung sicherzustellen.
Die vierte internationale Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung (FfD4), die vom 30. Juni bis 3. Juli 2025 in Sevilla stattfinden wird, bietet eine entscheidende Gelegenheit, die globalen Finanzierungsmechanismen für nachhaltige Entwicklung zu reformieren. Angesichts der stagnierenden Fortschritte bei der Erreichung der SDGs und der erheblichen Schuldenprobleme vieler Länder des Globalen Südens wird die Konferenz ein wichtiges Forum für Reformen der internationalen Finanzarchitektur und der Schaffung innovativer Finanzierungsquellen sein.
Vertreter*innen aus Regierungen des Globalen Südens, NGOs und Zivilgesellschaft wollen sicherstellen, dass die internationalen Finanzinstitutionen besser auf die Bedürfnisse des Globalen Südens eingehen. Besonders in den Bereichen Schuldenbewältigung und nachhaltige Investitionen erwarten sie konkrete Maßnahmen, die eine gerechtere Verteilung finanzieller Ressourcen ermöglichen und gleichzeitig langfristige Entwicklungsziele unterstützen. Die FfD4 ist die einzige Plattform, die hochrangige Vertreter*innen aller Regierungen, internationaler und regionaler Organisationen, Finanz- und Handelsinstitutionen, Unternehmen, der Zivilgesellschaft und des UN-Systems zusammenbringt, um Ländern des Globalen Südens und deren Vertreter*innen mehr Chancengleichheit, höhere nationale Einnahmen (Steuern und andere Ressourcen) und mehr Mitsprache zu ermöglichen.
„Entwicklungsfinanzierung ist eine transformative Ressource, die Armut und Hunger verringern und Milliarden von Menschen die Chance auf eine bessere Zukunft geben kann. Sie ist auch ein wesentliches Instrument, um ein gewisses Maß an Gerechtigkeit in die Weltwirtschaft zu bringen und dazu beizutragen, die tiefen Gräben in unserer Welt zu überbrücken.“ António Guterres, Generalsekretär der Vereinten Nationen 1
„Entwicklungsfinanzierung ist eine transformative Ressource, die Armut und Hunger verringern und Milliarden von Menschen die Chance auf eine bessere Zukunft geben kann. Sie ist auch ein wesentliches Instrument, um ein gewisses Maß an Gerechtigkeit in die Weltwirtschaft zu bringen und dazu beizutragen, die tiefen Gräben in unserer Welt zu überbrücken.“
António Guterres, Generalsekretär der Vereinten Nationen 1
Der FfD Prozess entstand ursprünglich aus der Unzufriedenheit der Länder des Globalen Südens mit den systemischen Mängeln der internationalen Finanzarchitektur. Im Rahmen der FfD-Treffen bringen diese Länder, u.a. als Gruppe der 77 Länder (G77), ihre Bedürfnisse sowie Vorschläge für Maßnahmen und internationale Vereinbarungen ein. Beispielsweise stimmten auf Initiative der afrikanischen Staatengemeinschaft die UN-Mitgliedstaaten am 22. November 2023 mit großer Mehrheit dafür, ein globales Abkommen zu Steuerfragen zu erarbeiten. Dieses soll bewirken, dass Entscheidungen über globale Steuerregeln von der OECD hin zur UN verlagert werden, wo Länder des Globalen Südens gleichberechtigt mitbestimmen können.
In Anbetracht der zunehmenden Verschuldung vieler Länder des Globalen Südens, die ihre Fähigkeit zur Umsetzung der SDGs und zur Förderung ökologisch nachhaltiger Volkswirtschaften einschränkt, sind globale Finanzierungsfragen dringlicher denn je. Dazu zählen u.a. auch eine inklusive und effektive internationale Steuerkooperation auf UN-Ebene. Unerlaubte Finanzströme und Steuerhinterziehung verringern die Steuereinnahmen dieser Länder zusätzlich. Zudem sind die aktuellen Investitionsmuster weiterhin nicht im Einklang mit den Nachhaltigkeitszielen. Das liegt daran, dass Kapital überwiegend in kohlenstoffintensive Sektoren fließt, während die Finanzierung des sozial-ökologischen Wandels unzureichend bleibt.
Die langjährige Zusage, 0,7 % des Bruttonationaleinkommens für öffentliche Entwicklungshilfeleistungen bereitzustellen, wird von den meisten Geberländern nicht eingehalten, und einige haben sogar ihre Beiträge gekürzt. Die Unterrepräsentation der Länder des Globalen Südens in internationalen Wirtschafts- und Finanzinstitutionen bleibt bestehen, ebenso wie die unzureichende internationale Klimafinanzierung. Angesichts dieser grenzüberschreitenden Herausforderungen ist ein koordiniertes Vorgehen erforderlich, das die Regierungen dazu zwingt, sich auf notwendige politische Maßnahmen zu einigen.2
Die FfD-Konferenz soll den politischen und steuerlichen Spielraum für Länder des Globalen Südens schaffen, um ihre Entwicklung auf nachhaltige Weise zu finanzieren. Die Konferenz spielt weiters eine zentrale Rolle bei der Ausarbeitung von Vereinbarungen und der Festlegung der internationalen Finanzagenda. Ziel des FfD-Prozesses ist es, kohärente, rechtebasierte thematische Ansätze, Normen und Empfehlungen zur globalen Wirtschaftspolitik zu erarbeiten und damit verbundene systemische und historische Ungleichheiten aufzudecken.
Ein zentrales Ziel der FfD4 wird die Reform der globalen Finanzarchitektur sein, um sicherzustellen, dass die internationalen Finanzinstitutionen besser auf die Bedürfnisse der Länder des Globalen Südens eingehen. Besonders in den Bereichen Schuldenbewältigung/Verschuldung und nachhaltige Investitionen werden konkrete Maßnahmen erwartet, die eine gerechtere Verteilung finanzieller Ressourcen ermöglichen und gleichzeitig langfristige Entwicklungsziele unterstützen. Dazu zählen beispielsweise die Einrichtung eines von der UN unterstützten Mechanismus zur Schuldenbereinigung, außerdem Schuldenerleichterungen, um Schuldengerechtigkeit zu ermöglichen (UNO Rahmenabkommen zu Verschuldung – UN Framework Convention on Sovereign Debt) sowie die Mobilisierung inländischer Ressourcen (domestic resource mobilization).
Die derzeitigen internationalen Steuersysteme ermöglichen Steuerhinterziehung und illegale Finanzströme. Dadurch gehen Ländern des Globalen Südens jährlich Milliarden an öffentlichen Einnahmen verloren, die für wesentliche Dienstleistungen und zur Bekämpfung von Ungleichheiten dringend benötigt werden. Daher gilt es, eine Einigung auf einen UN-Rahmenvertrag (und zwei Protokolle dazu) für die internationale Zusammenarbeit in Steuersachen zu vereinbaren, um Steuerhinterziehung und Steuermissbrauch durch multinationale Unternehmen und andere illegale Finanzströme (UN Tax Convention) zu bekämpfen.
Die Vorbereitung auf die FfD4 ist bereits in vollem Gange, mit mehreren Vorbereitungskomitees und regionalen Treffen, die bis Juni 2025 stattfinden werden. Zu den wichtigsten Daten gehören:
Die AG Globale Verantwortung, in Zusammenarbeit mit dem VIDC und Partner*innen von SDG Watch Austria, verfolgt die Vorbereitungen der Konferenz. In Kooperation mit dem internationalen CSO Mechanismus (CSO Mechanism on FFSD) und EURODAD präsentieren wir die Forderungen der NGOs und der Zivilgesellschaft zu den verschiedenen thematischen Arbeitsschwerpunkten, mit besonderem Fokus auf Länder des Globalen Südens.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die FfD4-Konferenz ein bedeutender Schritt in der globalen Entwicklungsfinanzierung darstellt. Sie bietet eine Plattform für die Erarbeitung von Lösungen, die nicht nur die Finanzierungsarchitektur reformieren, sondern auch innovative Finanzierungsmechanismen für die nachhaltige Entwicklung etablieren könnten. Die Diskussionen und Entscheidungen, die in Sevilla getroffen werden, könnten langfristige Auswirkungen auf die Fähigkeit der internationalen Gemeinschaft haben, die SDGs zu erreichen und gleichzeitig globale Ungleichheiten zu verringern.
Vor dem Hintergrund der geopolitischen Lage und der nationalistischen Tendenzen in vielen Ländern wird es sicherlich in einigen Punkten schwierig werden, sich auf konkrete politische Punkte zu einigen. Der FfD4-Prozess kann als Katalysator für die globale politische Agenda fungieren und die Leitlinien für Regierungen und internationale Organisationen prägen. Die Konferenz hat das Potenzial, den nötigen politischen Impuls zu erzeugen, um Reformen anzustoßen und innovative Ansätze zu entwickeln. Somit kann FfD4 als Impulsgeberin für weitreichende Veränderungen in der internationalen Finanzarchitektur dienen, auch wenn die konkreten Entscheidungen oft in anderen Gremien getroffen werden.
(kk)