English translation of the report

Ausgangssituation

Entwicklungspolitische und humanitäre NGOs leisten weltweit Humanitäre Hilfe im Katastrophenfall und tragen durch langfristige Projekte nachhaltig dazu bei, Armut und Hunger zu reduzieren. Weil die Not der Menschen oftmals dort am größten ist, wo es Konflikte und/oder schwache staatliche Strukturen gibt, findet auch die Arbeit von NGOs zum Teil in diesen Regionen statt. Die Programme der Organisationen in diesen Gebieten zielen darauf ab, das Leid der besonders betroffenen Zivilbevölkerung zu lindern, etwa, indem sie die Versorgung mit Wasser sicherstellen oder gesundheitsfördernde Maßnahmen und Bildungsprogramme durchführen. Sie tragen damit dazu bei, die Grundlage für eine langfristig stabilere soziale und wirtschaftliche Entwicklung und in weiterer Folge auch für eine positive Wohlstands- und Rechtsstaatsentwicklung zu schaffen.

Die Organisationen distanzieren sich klar von terroristischen Gruppierungen und tragen in ihrer Arbeit Sorge, weder unmittelbar noch mittelbar in irgendeiner Weise terroristische Aktivitäten oder Geldwäsche zu ermöglichen. Sie setzen vielfältige präventive Maßnahmen, um dieses Risiko zu minimieren. Dazu zählen beispielsweise die Nutzung regulierter und kontrollierter Finanzkanäle für Finanztransaktionen, die standardmäßige Anwendung des 4-Augenprinzips bei allen finanziellen Entscheidungen, umfassende Partner*innen-Assessments und die langfristige Zusammenarbeit mit bewährten Partner*innen sowie verbindliche Projektvereinbarungen und umfassende Berichts- und Nachweispflichten der Partner*innen. Gleichzeitig unterliegen entwicklungspolitische und humanitäre NGOs in Österreich starken externen Kontrollmechanismen (z.B. durch ihre nationalen und internationalen Geldgeber*innen) oder unterwerfen sich diesen freiwillig (z.B. im Rahmen des österreichischen Spendengütesiegels (OSGS) oder durch Erlangung der Spendenbegünstigung durch das BMF).

Diese Kombination aus internem Management und externen Kontrollmaßnahmen reduziert in der Gesamtbetrachtung das Risiko, dass Mittel des entwicklungspolitischen und humanitären NGO-Sektors für terroristische Zwecke missbraucht werden könnten, deutlich.

Externe Kontrollmechanismen

Im Folgenden sind die wichtigsten externen Kontrollmechanismen angeführt, denen entwicklungspolitische und humanitäre NGOs in Österreich unterliegen (können) und die ihr Risiko, für terroristische Zwecke missbraucht zu werden, minimieren.

Spendenbegünstigung des BMF
Spendenbegünstigte Organisationen müssen jährlich von externen, unabhängigen Wirtschaftsprüfer*innen bestätigen lassen, dass sie die gesetzlichen Voraussetzungen für die Spendenbegünstigung erfüllen. Dies beinhaltet die Prüfung von Rechnungs- oder Jahresabschlüssen.1

Österreichisches Spendengütesiegel
Träger*innen des österreichischen Spendengütesiegels (OSGS) verpflichten sich freiwillig, die umfassenden Kriterien des OSGS zu erfüllen. Sie haben ein strenges Aufnahmeverfahren durchlaufen und lassen sich einmal jährlich von externen, unabhängigen Steuerberater*innen oder Wirtschaftsprüfer*innen auf die Erfüllung der Kriterien kontrollieren.

Das Spendengütesiegel wird von der Kammer der Steuerberater:innen und Wirtschaftsprüfer:innen (KSW) nach einer unabhängigen Prüfung der Kriterien durch eines ihrer Mitglieder vergeben. Die Kriterien werden laufend evaluiert und in Kooperation mit Vertreter*innen der Praxis und Expert*innen von der KSW weiterentwickelt. Teil jeder OSGS-Prüfung sind neben umfangreichen Transparenz- und Kontrollvorgaben für eine sachgemäße Mittelverwendung auch explizit risikominimierende Maßnahmen in Bezug auf Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung: „Bei der Annahme von Spenden hat die Organisation sicher zu stellen, dass sämtliche dahinter liegenden Prozesse das Risiko von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung durch entsprechende Sicherungsmaßnahmen weitestgehend ausschließen“ (Kriterium 27).

Akkreditierung durch die Austrian Development Agency (ADA)
NGOs können sich von der ADA für die Umsetzung von humanitären Maßnahmen und Nexus-Projekten/Programmen akkreditieren lassen. Voraussetzung ist die Erfüllung strenger Qualitätsstandards, u.a. müssen ansuchende Organisationen einen „Nachweis von internen Prozessen und Kontrollsystemen zur Vermeidung von Betrug, Korruption, Bestechung, Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung und anderen Formen des Missbrauchs“ erbringen.

EU Humanitarian Partnership Certificate 2021-2027 (DG ECHO)
Ähnlich wie im Fall der ADA können sich NGOs bei DG ECHO, die der Europäischen Kommission unterstellt ist, als Implementierungspartner*innen für humanitäre Maßnahmen präqualifizieren. Um das EU Humanitarian Parntership Certificate von DG ECHO zu erhalten, müssen die antragstellenden Organisationen unter anderem Qualitätskriterien erfüllen, die explizit auf die Vermeidung von Terrorismusfinanzierung und Geldwäsche abzielen: „The Organisation includes provisions in its procurement, sub-granting policies and contracts to ensure that its tenderers, implementing partners and contractors observe and uphold integrity rules and ethical standards, such as: i) avoidance of child labour; ii) respect of basic social rights and working conditions based on international labour standards and iii) respect of applicable law relating to anti-money laundering and combatting terrorism financing, in the execution of their contracts“.

Weitere externe Prüfungen
Neben den angeführten Kontrollmechanismen gibt es zahlreiche weitere externe Prüfverfahren, denen NGOs unterliegen (können). So besteht beispielsweise eine gesetzliche Prüfpflicht für größere Vereine aufgrund des Vereinsrechts, die ADA führt bei ihren strategischen Partner*innen strategische Prüfungen durch und auch andere öffentliche Fördergeber*innen (z.B. Länder, Ministerien, EU/INTPA) haben eigene Prüfverfahren für ihre Fördernehmer*innen.

Datenbasis

Die Österreichische Forschungsstiftung für Internationale Entwicklung (ÖFSE) erhebt jedes Jahr im Auftrag der ADA Daten zu den Zuschüssen privater Organisationen. Private Zuschüsse sind Mittel aus privaten Finanzierungsquellen (Spenden, Fundraising, Mitgliedsbeiträge, Selbstbesteuerung, Erbschaften, Patenschaften, usw.), die private Organisationen (Nichtregierungsorganisationen (NGOs/NROs), Stiftungen und andere private Körperschaften) in einem bestimmten Kalenderjahr für Entwicklung und humanitäre Hilfe in Entwicklungsländern sowie für Administration und Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit in Österreich ausgeben. Als Entwicklungsländer gelten jene Länder, die in der Empfängerländerliste des DAC angeführt werden.

Für die vorliegende Analyse greifen wir auf die aktuellsten zur Verfügung stehenden Daten aus dem Jahr 2021 zurück, die auf den Meldungen von 118 Organisationen basieren. Weitere Hintergrundinformationen zu den Daten des Jahres 2021 finden sich in der Publikation der ÖFSE zur Österreichischen Entwicklungspolitik 2023.

Ergebnisse

2021 gaben österreichische private Organisationen private Mittel in Höhe von insgesamt €172.002.7282 für Entwicklung und Humanitäre Hilfe in Entwicklungsländern sowie für Administration und Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit in Österreich aus.3

  • 98,3% der Mittel setzten Organisationen um, die spendenbegünstigt sind und daher jährlich von unabhängigen, externen Wirtschaftsprüfer*innen geprüft werden.
  • Von den nicht-spendenbegünstigten Organisationen sind zumindest weitere 35% wirtschaftsgeprüft. Damit erhöht sich der Anteil der Mittel, die von wirtschaftsgeprüften Organisationen umgesetzt wurden, auf 98,9%.4
  • 83,4% der Mittel setzten Organisationen um, die Träger des österreichischen Spendengütesiegels sind und jährlich anhand strenger Qualitätskriterien – inkl. Kriterien zu Terrorismusfinanzierung und Geldwäsche – von externen, unabhängigen Wirtschaftsprüfer*innen überprüft werden.5
  • 38,6% der Mittel setzten Organisationen um, die als Implementierungspartner*innen bei der ADA akkreditiert sind und ein strenges Qualifizierungsverfahren – inkl. Überprüfung von Kriterien zu Terrorismusfinanzierung und Geldwäsche – durchlaufen haben.
  • 25,7% der Mittel setzten Organisationen um, die als Implementierungspartner*innen von DG ECHO zertifiziert sind und ein strenges Prüfverfahren der DG ECHO durchlaufen haben – auch entlang von Kriterien zu Terrorismusfinanzierung und Geldwäsche.
  • 89,0% der Mittel setzten Organisationen um, die entweder das jährliche Prüfverfahren des Spendengütesiegels oder jenes für den Erwerb der ADA-Akkreditierung bzw. der ECHO-Zertifizierung durchlaufen haben und damit von einer oder mehreren externen, unabhängigen Stellen auf die Einhaltung von Kriterien zu Terrorismusfinanzierung und Geldwäsche überprüft wurden.6

Fazit

Der entwicklungspolitische und humanitäre NGO-Sektor in Österreich unterliegt starken externen Kontrollmechanismen, die das Risiko von Terrorismusfinanzierung und Geldwäsche minimieren. Unsere Auswertung zeigt, dass 98,9% aller privaten Mittel von Organisationen umgesetzt werden, die jährlich von externen, unabhängigen Wirtschaftsprüfer*innen geprüft werden. Darüber hinaus werden 89,0% aller privaten Mittel von Organisationen umgesetzt, die einem oder sogar mehreren strengen Prüfverfahren durch externe, unabhängige Stellen (KSW, ADA, DG ECHO) unterliegen, die Kriterien zu Terrorismusfinanzierung und Geldwäsche umfassen.

  1. Mit der Neuregelung der Spendenbegünstigung ab 2024 gibt es ein vereinfachtes Verfahren für die Verlängerung der Spendenbegünstigung. Der vorliegende Bericht analysiert Daten des Jahres 2021, weshalb im Text die zu diesem Zeitpunkt geltenden Bestimmungen angeführt sind. ↩︎
  2. Die Summe weicht aufgrund einer Datenbereinigung der KOO geringfügig (0,21%) von der von der ÖFSE berechneten Summe (€171.634.076) ab. ↩︎
  3. Über 90% der Mittel fließen in Entwicklungsländer, lediglich ein geringer Prozentsatz wird für Aktivitäten in Österreich aufgewendet. ↩︎
  4. Nicht wirtschaftsgeprüft werden insbesondere Kleinstvereine oder lokale Initiativen, z.B. von Schulen. ↩︎
  5. Für einige NGOs ist eine OSGS-Zertifizierung wenig relevant, etwa weil sie nur in einem geringen Ausmaß Spenden sammeln oder Träger des deutschen DZI-Spendensiegels sind. ↩︎
  6. Eine ADA-Akkreditierung sowie eine ECHO-Zertifizierung ist nur für große, humanitäre NGOs möglich. ↩︎

Link

Hintergrundinformation (21.02.2024): Entwicklungspolitische und humanitäre NGOs: Strenge externe Kontrollmechanismen minimieren das Terrorismusfinanzierungsrisiko des Sektors

Quellen

(ir)