Arbeitsgemeinschaft für Entwicklung und Humanitäre Hilfe
Bericht
(20.09.2016 – Bericht) Im neuen ODA Bericht gibt Österreich Auskunft über öffentliche Entwicklungszusammenarbeit (ODA). Aus ihm geht hervor, dass Österreichs ODA von 0,28% des BNE (2014) auf 0,35% (2015) gestiegen ist. Der deutliche Anstieg kommt allerdings nicht durch zunehmendes Engagement im Globalen Süden zu Stande, sondern vor allem durch die Einberechnung der Flüchtlingskosten in Österreich.
Gesamt ODA und Phantomhilfe
Als im April die Vorausmeldungen für die ODA der Staaten des Komitees für Entwicklungszusammenarbeit (DAC) der OECD veröffentlicht wurden, wurde für Österreich eine ODA-Quote von 0,32% des Bruttonationaleinkommens (BNE) ausgewiesen. Bei der Veröffentlichung der finalen Zahlen Mitte September, wurde diese Zahl auf 0,35% nach oben korrigiert. Das entspricht etwa 1,2 Milliarden Euro. Die Korrektur betrifft hauptsächlich die Kosten für Flüchtlingsbetreuung im Inland, deren Erhebung aufgrund der Aufteilung auf Bund und Gemeinden länger benötigt. Anstelle von 291 Mio. Euro werden nun die ODA-anrechenbaren Kosten mit 396 Mio. Euro angegeben. Das bedeutet jeder dritte Euro, den Österreich vorgibt für Entwicklungszusammenarbeit aufzuwenden, wird für Flüchtlingsbetreuung in Österreich verwendet. Die Einrechnung ist laut OECD zwar erlaubt, eine Reform dieser Berechnung wird von der OECD aber schon länger versucht – sie scheitert jedoch an den Mitgliedstaaten, die von der Einrechnung profitieren.
Hinzu kommen noch etwa 94 Millionen „indirekte Studienplatzkosten“. Auf der Liste der ODA-Empfängerländer des DAC befinden sich 146 Staaten. Die indirekten Studienplatzkosten für alle Studierenden mit einer dieser Staatsangehörigkeiten können in die ODA eingerechnet werden. Die ODA beinhaltet daher jene Leistungen, die Studierende aus Entwicklungsländern theoretisch an Kosten für Universitäten und Hochschulen verursachen. Ob Entwicklungsländer von dieser statistischen Maßnahme profitieren, wird dabei völlig außer Acht gelassen. Abzüglich dieser beiden Posten wäre die österreichische ODA 0,21%. Entschuldungen, welche in den vergangenen Jahren die ODA in die Höhe getrieben haben, fanden 2015 kaum statt. Genauere Berechnungen dazu werden im CONCORD AidWatch Report 2016 präsentiert, welcher am 26. Oktober erscheint.
Für Humanitäre Hilfe wurden 2015 20 Millionen Euro aufgewendet, 5 Mio. davon entstammten dem Auslandskatastrophenfonds, auf welchen 2015 16 Mal zurückgegriffen wurde. Neben der bilateralen ODA von 705 Mio. Euro (einschließlich Flüchtlings- und Studienplatzkosten) wurden 488 Mio. Euro für Multilaterale ODA aufgewendet. 241 Mio. Euro ist der ODA-anrechenbare Anteil der österreichischen EU-Beiträge, 142 Millionen Euro ergingen an die Weltbank, 19 Mio. Euro an die Vereinten Nationen während weitere 86 Mio. für regionale Entwicklungsbanken und andere Organisationen eingesetzt wurden.
Aufteilung der ODA auf Länder und Regionen
Das gestaltbare Budget der ADA ist im Vergleich zu 2013 und 2014 leicht gesunken und betrug 2015 ca. 74 Mio. Euro bzw. 6,2% der ODA. Die angekündigte jährliche Erhöhung von 15,5 Mio. EUR bis 2021 (also die Verdopplung des ADA Budgets bis 2021) wird daher an der ODA-Quote wenig ändern (siehe Factsheet), insbesondere wenn man bedenkt, dass das BNE voraussichtlich ebenso bis 2021 deutlich steigen wird. Wofür die zusätzlichen Mittel verwendet werden sollen, ist noch nicht bekannt, jedenfalls schreibt Bundesminister Sebastian Kurz im Vorwort des ODA-Bericht folgendes über die Erhöhung: „Damit steht mehr Geld zur Verfügung, um Menschen vor Ort und entlang der Flüchtlingsrouten zu unterstützen – vor allem auch RückkehrerInnen können wir mit Wiederansiedelungsmaßnahmen und Reintegration eine Perspektive geben.“ Was dies für die bisherigen Schwerpunktländer bedeutet, die keinen bedeutenden Einfluss auf Flüchtlingsbewegungen Richtung Europa haben, ist unklar. Es ist jedoch davon auszugehen, dass ein großer Teil der neuen Mittel für Afghanistan und den Irak aufgewendet werden sollen, insbesondere um Anreize zu schaffen, dass MigrantInnen aus diesen Ländern Österreich wieder verlassen.
Aus dem ODA-Bericht geht hervor, dass die bisherigen Schwerpunktländer und -regionen der ADA immer weniger Mittel erhalten. Während 2013 noch 62,7 Mio. Euro in diesen über lange Jahre etablierten Ländern und Regionen verwendet wurden, waren es 2015 nur noch 51,6 Mio. Der Großteil der Kürzungen geht zu Lasten afrikanischer Länder, einsames Schlusslicht bildete 2015 jedoch die Karibik – für diese sogenannte „Schwerpunkt-Region“ wurden 2015 insgesamt 30.000 Euro aufgewendet.
Der größte Empfänger von bilateralen EZA-Mitteln (also nicht nur von der ADA) war 2015 die Türkei mit 22 Mio. Euro. Diese flossen allerdings nicht in Projekte oder Programme, sondern bestehen zum größten Teil aus den oben genannten indirekten Studienplatzkosten sowie LehrerInnenentsendungen für die österreichische Schule in Istanbul. Durch die Einrechnung von indirekten Studienplatzkosten befinden sich auch Staaten wie der Iran oder die Mongolei in den Top-Ten der Empfängerländer, während mit Uganda nur ein einziges afrikanisches Land dort zu finden ist. Von dem gemeinsamen UN-Ziel, 0,15-0,20% des BNE für die ärmsten Länder (LDC) aufzuwenden, scheint man ebenso weit entfernt wie vom 0,7% Ziel, dessen geplante Erreichung von 2015 auf 2030 verschoben wurde.
(jm)