Arbeitsgemeinschaft für Entwicklung und Humanitäre Hilfe
Bericht
(08.08.2014 – Bericht) Die Open Working Group on Sustainable Development Goals (OWG) der UNO, eine intergouvernementale Gruppe bestehend aus ca. 80 Staaten, wurde nach der Rio+20 Konferenz im Juni 2012 beauftragt, einen Vorschlag für Sustainable Development Goals (SDGs) auszuarbeiten. Nach einem 16-monatigen Konsultations- und Verhandlungsprozess liegt dieser Zielkatalog nun vor und soll in den weiteren Post-2015 Prozess einfließen.
Der Zielkatalog Während die Millennium Development Goals (MDGs) aus 8 Zielen mit insgesamt 22 Unterzielen bestanden, kommt der Vorschlag der Open Working Group auf 17 Ziele mit 169 Unterzielen (targets). Dies trägt zwar einerseits der Komplexität von Entwicklung Rechnung –viele Themen wurden bei den MDGs stark vernachlässigt oder ignoriert – erfüllt aber (noch) nicht ganz den Zweck der einfachen Kommunizierbarkeit. Die von der OWG vorgeschlagenen Ziele sind:
Noch breiter erscheint die Agenda, wenn man sich die Unterziele ansieht. Die 169 „targets“ zeigen wie komplex das Thema ist und wie weit man den Begriff nachhaltige Entwicklung verstehen kann. Während man bei einigen targets bereits sehr konkrete Ziele formuliert hat (z.B. soll kein Mensch 2030 mehr unter $1,25 pro Tag leben) bleiben die Zielsetzungen in anderen Bereichen schwammig. Die Formulierungen „Improve regulation and monitoring of global financial markets…“ (10.5) , “enhance policy coherence for sustainable development” (17.14) oder “significantly reduce all forms of violence and related death rates everywhere” (16.1) wirken zwar beispielsweise sehr ambitioniert, bieten aber wenig Aufschluss darüber, welche Maßnahmen die internationale Gemeinschaft bereit wäre zu ergreifen, um sie umzusetzen.
Eine Neuerung bei den Post-2015 Zielen im Vergleich zu den MDGs wird deren Universalität sein. Während bei den MDGs nur eines der acht Ziele die reicheren Staaten betraf, sollen nun alle Ziele global anwendbar sein. So soll zum Beispiel nicht nur die extreme Einkommensarmut abgeschafft werden, es soll auch die Anzahl der Menschen die unter den jeweiligen nationalen Armutsgrenzen leben, bis 2030 halbiert werden.
Der Lauf der Verhandlungen und der weitere Prozess Dem Resultat der Open Working Group ging ein langer Beratungs- und Verhandlungsmarathon bevor. Zunächst einmal musste beschlossen werden, welche Staaten in der auf 30 Sitze beschränkten OWG vertreten sein würden. Nach langem diplomatischem Ringen, wurde der Kompromiss gefunden, dass sich mehrere Staaten Sitze teilen würden. Die meisten der 30 Sitze wurden daher von Dreiergruppen besetzt. Zusätzlich wurden zu den Sitzungen der OWG zivilgesellschaftliche VertreterInnen sowie weitere Stakeholder und ExpertInnen eingeladen. Österreich war in OWG nicht direkt vertreten. Um die eigenen Positionen bei den Treffen in New York einbringen zu können, hängte sich Österreich an die Dreiergruppe Deutschland, Frankreich, Schweiz.
Zwischen März 2013 und Juli 2014 fanden 13 Treffen der OWG statt. Die ersten acht Treffen widmeten sich jeweils spezifischen Themen und dienten zur Sammlung von Informationen. Danach veröffentlichten die Co-Chairs der OWG ein Focus Areas Document, welches 19 Themenfelder skizzierte. Diese wurden in den folgenden Sitzungen weiter präzisiert und in der 12. und vorletzten Sitzung im Juni wurde schließlich ein “Zero Draft“ veröffentlicht. Nach letzten Adjustierungen wurde die finale Version am 19 Juli beschlossen. Das nun vorliegende Dokument wird bei der UNO-Generalversammlung diskutiert und soll in einen Synthesebericht des UNO-Generalsekretärs einfließen, welcher voraussichtlich im November 2014 veröffentlicht wird. Ebenfalls Basis für den Bericht des Generalsekretärs wird das Abschlusspapier der ExpertInnengruppe für Finanzierung (Intergouvernmental Committee of Experts on Sustainable Development Finance) sein, welches im September fertig gestellt wird. Auf Basis dieser Berichte müssen dann bis zur Generalversammlung der UNO im Sepltember 2015 die Verhandlungen über die zukünftigen Ziele weitgehend
Umstrittene Themen Während bei einigen Punkten Einigkeit herrscht, wie etwa der weltweiten Ausrottung von extremer Armut und Hunger, gibt es unter den Vorschlägen auch einige umstrittene Punkte. Lange wurde darüber diskutiert, ob es zum Klimawandel ein eigenes Ziel geben sollte oder ob für dieses Thema nicht ohnehin die UNFCCC zuständig ist. Im Vorschlag der OWG befindet sich nun ein eigenes Klimaziel – wenn auch in einer Fußnote bemerkt wird, dass dafür hauptsächlich die UNFCCC zuständig ist. Kurz nach der UNO-Generalversammlung im September 2015, auf der die Post-2015 Ziele beschlossen werden sollen findet in Paris der Klimagipfel statt. Hier wird man sehen ob die internationale Gemeinschaft es schafft, die beiden Prozesse sinnvoll zu verknüpfen.
Eine weitere strittige Frage war (und ist): Was sind die Staaten bereit beizutragen und welche Verantwortung übernehmen die reicheren Staaten? Die MDGs subsummierten unter einem einzigen Ziel den Beitrag der reicheren Staaten. Ein Fehler, wie sich herausstellte, denn die Versprechungen die unter diesem Punkt gemacht wurden (Stichwort 0,7%), nahm kaum ein Land ernst. Österreichs öffentliche Entwicklungshilfe (ODA) lag 2013 bei 0,28%, also unter dem Wert von 2001. Unter dem Ziel 17 „Means of Implementation“, werden nicht nur finanzielle Beiträge der reicheren Staaten gefordert, auch die Themen Handel, Stärkung des internationalen Steuersystems, Technologietransfer und Politikkohärenz im Interesse der nachhaltigen Entwicklung. Um bei den Verhandlungen nicht alle Themen von der Finanzierungsfrage zu überschatten wurde die bereits erwähnte ExpertInnengruppe zur Entwicklungsfinanzierung einberufen, die einen eigenen Bericht erstellen wird [UPDATE: Mittlerweile wurde der Bericht veröffentlicht]. Außerdem wird im Juli 2015 eine internationale Konferenz zur Finanzierungsfrage in Addis Abeba abgehalten.
Weitere Informationen, Analysen und Stellungnahmen:
(jm)