Arbeitsgemeinschaft für Entwicklung und Humanitäre Hilfe
(19.06.2012) Die Verhandlungen über die Abschlussdeklaration (Titel: The future we want) wurden heute Dienstag von einer energischen brasilianischen Präsidentschaft zum Abschluss gebracht. Der Entwurf der Abschlussdeklaration, der am Freitag von den Staats- und Regierungschefs abgesegnet werden soll, kann als Minimalkompromiss bezeichnet werden. Trotz vieler schöner Worte und des Eingeständnisses, dass seit der Rio Konferenz von 1992 in vielen Bereich nur unzureichende Fortschritte, ja sogar Rückschritte, gemacht wurden, trifft das Dokument auf Enttäuschung seitens der hier versammelten Zivilgesellschaft.
Angesichts der multiplen Herausforderungen durch Umweltkrise, Ernährungskrise, Klimakrise, Wirtschafts- und sozialer Krise enthält das Dokument kaum konkrete Antworten. Trotz monatelanger Vorbereitung und Verhandlungen konnte keine Einigung zu den folgenden Punkten erzielt werden:
1. es wird keine Umwandlung des UN-Umweltprogramms UNEP in eine Agentur geben. Stattdessen soll bei der nächsten UN-Vollversammlung eine institutionelle Aufwertung und bessere budgetäre Ausstattung beschlossen werden.
2. es wird kein High Commissioner für die Rechte der zukünftigen Generationen geschaffen. Stattdessen soll lediglich ein Bericht über die diesbezüglichen Aspekte erarbeitet werden.
3. es gibt keine weiteren finanziellen Commitments zur Umsetzung nachhaltiger Entwicklung. Lediglich ein Konzept für einen Finanzrahmen für nachhaltige Entwicklung soll im Rahmen einer Arbeitsgruppe bis 2014 entwickelt werden.
4. es wurden zwar etliche Verweise auf Menschenrechte aufgenommen, jedoch wurde der Verweis auf die sexuellen und reproduktiven Rechte von Frauen nur in einer schwachen Formulierung verankert, dem Vernehmen nach auf Druck des Vatikans. Dies wurde von den anwesenden Frauenorganisationen scharf kritisiert.
5. Die Entscheidung über das von Umweltorganisationen geforderte Implementierungsabkommen für die UN-Seerechtskonvention UNCLOS wird auf Ende 2014 verschoben.
An konkreten Resultaten ist vor allem hervorzuheben:
1. es wird ein High Level Form on Sustainable Development im Rahmen des ECOSOC eingerichtet, das die Commission on Sustainable Development ersetzen wird. Dessen genaues Mandat und Organisation muss allerdings erst ausgearbeitet werden.
2. Es wurde ein Prozess zur Erarbeitung von Nachhaltigkeitszielen beschlossen. Diese Sustainable Development Goals sollen 2015 die Milleniumsentwicklungsziele ablösen. Der Prozess wird bei der UN-Vollversammlung angesiedelt. Noch heuer soll dazu eine inter-gouvernamentale Arbeitsgruppe eingerichtet werden.
Das im Vorfeld heiß umstrittene Kapitel zur Green Economy wurde etwas abgeschwächt und konkretisiert. Für die Entwicklungsländer wichtig war hier, dass das Prinzip der gemeinsamen, aber geteilten Verantwortung verankert wird. Zudem wurde festgeschrieben, dass die grüne Ökonomie eben nur eine von mehreren Möglichkeiten der Umsetzung nachhaltiger Entwicklung darstellt.
Morgen wird der offizielle Gipfel der Staats- und Regierungschefs beginnen. Diejenigen SpitzenpolitikerInnen, die nach Rio kommen werden, können sich recht entspannt diplomatischen Kontakten und dem obligaten Fototermin mit Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff widmen. Zu entscheiden wird es nämlich nichts mehr geben. Ein Aufschnüren der formal am Freitag zu verabschiedenden Abschlusserklärung ist so gut wie ausgeschlossen. Immer mehr Staats- und Regierungschefs sagen ihre Teilnahme offenbar kurzfristig ab. Staatssekretär Waldner ist zwar schon in Rio eingetroffen, Minister Berlakovich offenbar noch nicht. Mal sehen, ob er überhaupt noch kommt….