Arbeitsgemeinschaft für Entwicklung und Humanitäre Hilfe
(18.06.2012) Mitten im Stadtzentrum von Rio, direkt am Meer liegt der Flamengo Park. Im Schatten des Zuckerhuts finden hier jeden Tag zahlreiche Diskussionsveranstaltungen, Aufmärsche indigener Völker in traditioneller Aufmachung, kulturelle Aktivitäten und Ausstellungen unterschiedlichster Organisationen statt. Das bunte Treiben vor prachtvoller Kulisse kontrastiert deutlich mit der nüchternen und klimagekühlten Atmosphäre im Riocentro 20 km außerhalb der Stadt, dem offiziellen Konferenzort.
Bei den zahlreichen Events werden natürlich eine Vielzahl von Themen behandelt. Dazu gibt es unterschiedliche Formate. Neben kleineren Veranstaltungen mit Workshop-Charakter gibt es Paneldiskussionen und jeden Tag auch große Plenumsveranstaltungen, bei denen eine Meinungsbildung zu wichtigen Themen stattfindet. Dazu zählen Ernährungssicherheit, Schutz der Gemeinschaftsgüter, Ausbau der Menschenrechte u.a.m.
Ein immer wieder aufgenommenes Diskussionsthema bei den Veranstaltungen ist die Green Economy. Diese soll ja im Rahmen der offiziellen Konferenz als neues Leitkonzept verabschiedet werden. Ist dies schon innerhalb der globalen Staatengemeinschaft umstritten, so wird kaum ein Redner/eine Rednerin am Gipfel der Völker müde, die Green Economy klar abzulehnen. Begründet wird dies damit, dass die von der Green Economy betriebene radikale Monetarisierung der Natur nicht nur ökonomisch unsinnig ist, sondern die Rechte der Natur missachtet. Dass der Natur ein Eigenwert zuerkannt wird, ist eine schon länger bekannte Idee. Neu daran ist, dass der Natur auch Rechte unabhängig vom Menschen zuerkannt werden. Der für zivilgesellschaftliche Debatten seit einigen Jahren dominierende Menschenrechts-basierte Ansatz wird damit entscheidend erweitert.
Rechte werden nicht mehr ausschließlich in Relation zum Menschen konzeptualisiert, sondern auch unabhängig von diesem. Eine solche Auffassung hat potentiell weitreichende Konsequenzen für moderne Rechtssysteme, die freilich bei den Veranstaltungen nicht im Detail ausbuchstabiert wurden. Nichtsdestotrotz zeichnet sich hier ein von den sozialen Organisationen und der globalen Zivilgesellschaft offensiv betriebener neuer Ansatz ab. Prominente RednerInnen wie der brasilianische Befreiungstheologe Leonardo Boff, oder Pablo Solon, Ex-Sonderbotschafter des bolivianischen Präsidenten Evo Morales und nun Direktor von Focus on the Global South, haben sich dafür nachdrücklich ausgesprochen.
Am Mittwoch steht dann der große Mobilisations- und Aktionstag auf dem Programm. Im Stadtzentrum soll es einen großen Aufmarsch geben. Gerüchte besagen zudem, dass die brasilianische Landlosenbewegung auch eine Demonstration beim Konferenzort Riocentro organisieren will. Das wäre angesichts der massiven militärischen Präsenz vor Ort eine nicht ungefährliche Sache.
Wie erwartet ist bei den offiziellen Verhandlungen keine Einigung zur Abschlussdeklaration mit Montagabend gelungen. Es soll bis zum Eintreffen der Staats- und Regierungschefs am Mittwoch weiter verhandelt werden. Ein positives Signal lieferten wenigsten die USA, Brasilien und Ruanda, die sich im Umsetzung der Ziele der Bonner Waldkonferenz von 2010 zum Wiederaufbau von 18 Mio. Hektar Waldfläche bis 2020 verpflichteten.