Arbeitsgemeinschaft für Entwicklung und Humanitäre Hilfe
Bericht
Mitte März ging in Kanada die erste von rund 60 nationalen Konsultationen im Rahmen des Open Forums über die Bühne. Die Teilnehmenden setzten sich mit der Wirksamkeit von EZA auseinander und tauschten ihre Wahrnehmung in Bezug auf staatliche Entwicklungsstrategien aus. Fazit aus Kanada: die Vorstellungen von NROs und Regierungen gehen alarmierend weit auseinander!
So waren sich die VertreterInnen der kanadischen NROs und Gäste aus England und Neuseeland vor allem in einem Punkt einig: Die Regierungen verstehen Nord-NROs zunehmend als Agenturen, die staatliche Entwicklungspolitik umsetzen. Von den zivilgesellschaftlichen Organisationen wird mehr und mehr erwartet, dass sie in staatlich festgelegten Schwerpunktländern zu Schwerpunktthemen arbeiten. Dazu kommt ein allgemeiner Bedeutungsverlust: Direkte Förderungen werden bereits zu einem beträchtlichen Anteil an Süd-NROs ausbezahlt, Nord-NROs von verantwortlichen BeamtInnen zum Teil als „unnecessary intermediaries“ betrachtet. Eine allgemeine Skepsis gegenüber Nord-NROs mache sich breit, so die Wahrnehmung der NRO-VertreterInnen.
Die EZA-Strategien der einzelnen Länder unterscheiden sich zwar und Relevanz und Ausrichtung scheinen in hohem Maße von den jeweils national Regierenden abzuhängen, die Stoßrichtung ist aber international ähnlich – und lässt sich auf die Wirksamkeitsdebatte, die die Regierungen 2005 mit der Pariser Erklärung in Gang setzen, zurückführen. Die Diskussion um eine Reformierung der EZA kreist auf Ebene der Regierungen vor allem um Effizienzsteigerung – mit besonderer Relevanz in Nordamerika – und Koordinierung untereinander, ein Herzensthema der staatlichen europäischen EZA-AkteurInnen.
Ähnliche Herangehensweisen werden auch von den NROs erwartet, die die Pariser Erklärung und das Nachfolgedokument, die Accra Agenda for Action, berechtigterweise als viel zu kurz gegriffen kritisieren. Der Druck auf die NROs werde größer, was die Dokumentation von Resultaten und die Auswahl der Projekte angehe, so die NRO-VertreterInnen bei der Nationalen Konsultation. Dazu kommt die versuchte Entpolitisierung der NROs. Regierungen verweigern Lobbying- und Advocacyorganisationen, die ihre Meinung allzu kritisch und laut äußern, immer öfter Fördergelder.
Ein ebenso trauriges wie dramatisches Beispiel ist CCIC (Canadian Council for International Cooperation), die kanadische Dachorganisation, die selbst Ausrichter der Nationalen Konsultation war. Nach jahrelanger finanzieller Unterstützung durch die kanadische Regierung wird diese vermutlich für die nächsten Jahre versiegen. „Unfortunately CCIC is not an isolated case. What is increasingly at stake in Canada is the freedom and ability of Canadians to vigorously advocate for the protection of human rights – of all rights and of all people – both here within Canada and abroad, and to do so without political interference, intimidation or manipulation”, so CCIC-Vorsitzender Gerry Barr.
Da die Wirksamkeit von EZA nicht nur mit den „Hilfs-“Leistungen der einzelnen EZA-AkteurInnen zusammenhängt, sondern vor allem mit externen Faktoren (Handel, Umweltverschmutzung, soziale Ausgrenzung, etc.), die für strukturelle Ungerechtigkeiten verantwortlich sind, muss es weiter Ziel der NROs sein, diese anzuprangern und solidarische Lösungen einzufordern. NRO die Möglichkeit zu nehmen, kritisch zu sein, stellt nicht nur ihre gesamte Natur in Frage, sondern widerspricht auch ganz klar bereits gegebenen Versprechen: Nämlich NROs als „actors in their own right“ zu respektieren, wie es die Accra Agenda for Action – ein von etlichen staatlichen EZA-AkteurInnen unterzeichnetes Dokument – formuliert.
Das Open Forum vereint international zivilgesellschaftliche Organisationen, um die Debatte um Wirksamkeit nicht alleine den Regierungen zu überlassen. Das Verständnis von wirksamer EZA soll (auf Regierungsebene) erweitert werden, auch die Auseinandersetzung mit der eigenen Leistung und jener der Regierungen ist Teil des Prozesses. Die AG Globale Verantwortung hält am 8./9. Juni 2010 die nationale Konsultation zur Wirksamkeit österreichischer NROs „Ziele, Zweck, Zukunft“ ab und leistet damit u.a einen Beitrag zum internationalen Prozess Open Forum.
Die Anknüpfung an die nationale Situation bleibt freilich Fokus: Auch in Österreich wird von den NROs immer mehr Partizipation und Wirksamkeit gefordert, während die Professionalität durch die reduzierten Förderungen für NROs gefährdet ist (siehe „Der österreichische Widerspruch“, Interview mit R. Picker und M. Oßberger zu Budgetkürzungen und Wirksamkeit von EZA, im aktuellen Südwind-Magazin).
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